August Karolus

Geboren am 16. März 1893 in Reihen / Stadtteil von Sinsheim; † 1. August 1972 in Zollikon bei Zürich war ein deutscher Physiker. Er erlangte in den 1920er Jahren Bedeutung als Pionier der Fernsehtechnik.

 



August Karolus, 1930 mit dem Weillerschen Spiegelrad zur Abtastung von Fernsehbildern [1]

 

Inhaltsverzeichnis

1. Frühe Jahre und Ausbildung von August Karolus

2. Innovationen in der Fernsehtechnik und spätere Lebensphasen

 

1. Frühe Jahre und Ausbildung von August Karolus

August Karolus war Dozent in Leipzig, Zürich und Freiburg. Im Jahr 1924 entwickelte er die Kerr-Karolus-Zelle, eine Innovation in der trägheitslosen Lichtsteuerung und eine Weiterentwicklung der Kerr-Zelle, die auf dem Kerr-Effekt basierte. Diese Fortschritte trugen zur Förderung der elektronischen Bildübertragung für die Fernsehtechnik bei. Neben seiner Arbeit in diesem Bereich führte er Präzisionsmessungen zur Lichtgeschwindigkeit durch. Geboren als ältester Sohn des Landwirts August Karolus, stammte seine Familie aus einer langen Tradition der Hofbewirtschaftung. Seine schulische Laufbahn begann in der Vorschule in Reihen unter der Anleitung des Unterlehrers Ludwig Link. Später besuchte er für sechs Jahre die Großherzogliche Realschule in der Kreisstadt Sinsheim. Dort zeigte er bereits in jungen Jahren großes Interesse an Fleiß und Bastelarbeiten. August Karolus' frühe Experimente begannen im Alter von etwa zwölf Jahren, als er zu Weihnachten einen Experimentierkasten von seiner Mutter Emma geschenkt bekam. Finanzielle Einschränkungen verhinderten zunächst ein Universitätsstudium. Stattdessen konnte er in Ettlingen, wo er bei Verwandten unterkam, das Lehrerseminar besuchen und das Examen als Volksschullehrer ablegen. Während des Ersten Weltkriegs wurde er zum Kriegsdienst eingezogen und erlitt 1917 in Flandern einen Lungenschuss. Sein Leben wurde gerettet, als sein Bruder ihn zufällig fand und ihn zur weiteren Behandlung hinter die Frontlinie brachte. Nach einer Zeit im Lazarett in Hannover kehrte er nach Karlsruhe zurück, wo er 1919 das Abitur ablegte und anschließend ein Studium in Physik und Elektrotechnik begann.

 

2. Innovationen in der Fernsehtechnik und spätere Lebensphasen

Anfang der 1920er Jahre übernahm er eine Stelle als Assistent an der Universität Leipzig und schloss bereits im November 1921 seine Promotion ab. Im Jahr 1922 nahm er eine Position als Assistent mit Lehrauftrag für Elektronik an der Technischen Hochschule Stuttgart an. Nach einem kurzen Intermezzo in Leipzig kehrte er 1923 zurück. In seinen Forschungen konzentrierte er sich auf Fernübertragungsmethoden wie das Lichttelefon und die Bildtelegraphie. Dabei führte er umfangreiche Experimente mit Photozellen, Röhrenverstärkern für schwache Gleichströme, Röhrensendern, Braunschen Röhren und anderen Technologien durch. Die Kerr-Zelle, die Lichtschwankungen durch Spannungsschwankungen steuerte, wurde von ihm weiterentwickelt und als Kerr-Karolus-Zelle unter der Patentnummer 471720 eingetragen.

Im Jahr 1924 präsentierte er eine funktionstüchtige Fernsehapparatur, die auf dem Weillerschen Spiegelrad basierte. Gemeinsam mit der Firma Telefunken setzte er die kontinuierliche Weiterentwicklung fort. Seine erfolgreichen Versuche beeinflussten Hans Bredow dazu, die Fernsehentwicklung bei der Reichspost voranzutreiben. Durch den Telefunken-Karolus-Bildtelegraphen gelang im Jahr 1925 die erste Bildübermittlung von Berlin nach Leipzig, wobei die Kerr-Karolus-Zelle einen lichtempfindlichen Film belichtete. Am 2. April 1926 wurden entsprechende Bildübermittlungen von Berlin nach Wien erfolgreich durchgeführt. Die Reichspost etablierte am 1. Dezember 1927 einen planmäßigen Bild-Telegraphie-Verkehr zwischen Berlin und Wien mit dem Telefunken-Karolus-System.

 

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Modell für prinzipielle Fernsehversuche im Laboratorium von Prof. Karolus, Leipzig 1927 ( Aus der Telefunken-Zeitung) [2]

 

Am 1. September 1926 wurde er zum außerordentlichen Professor und Leiter der Abteilung für angewandte Elektrizitätslehre an der Universität Leipzig ernannt. Im darauf folgenden Jahr schloss Karolus einen General-Lizenzvertrag mit den Unternehmen Telefunken, AEG und Siemens ab. Das Siemens-Karolus-Telefunken-System, wie es genannt wurde, wurde für Bildübertragungen zwischen Berlin und Rom sowie Rio de Janeiro eingesetzt und später auch nach Moskau, London und Japan erweitert. Die frühen Entwicklungen von Karolus basierten zunächst auf dem Zwischenfilm-Verfahren. Bei diesem Verfahren wurden die Bildsignale auf der Empfangsseite auf Film belichtet und dann projiziert. Dies führte zu einem Zeitversatz von etwa 85 Sekunden aufgrund der Belichtungs- und Entwicklungsprozesse. Obwohl seine Geräte aufwändig waren, erreichten sie mit dem Weillerschen Spiegelrad bald beeindruckende Bildgrößen von bis zu 75 × 75 cm bei 96 Zeilen pro Bild. Auf der Funkausstellung in Berlin im Jahr 1928 konkurrierte Karolus mit dem System des ungarischen Physikers Dénes von Mihály, der lediglich eine Bildgröße von 4 × 4 cm bei 30 Zeilen pro Bild erreichte. Obwohl Mihálys System schlechtere Werte aufwies, überzeugte es aufgrund seiner einfachen und kostengünstigen Lösung. Mihálys 30-Zeilen-Bild diente als Modell bei der ersten Normfestlegung für Fernsehsignale. Im Jahr 1929 testete die Reichspost weitere Entwicklungen von Telefunken-Karolus, Mihály, Fernseh AG und des Reichspostzentralamtes.

 

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Fernsehermodell von Professor Dr. A. Karolus, Leipzig mit Anstriebsmotor und Synchronhaltungsmotor

 

Am 18. November 1930 erhielt Karolus die Heinrich-Hertz-Medaille in Gold für seine bisherigen Forschungen. In den folgenden Jahren konzentrierte er sich besonders auf die Entwicklung von großformatigen Fernsehübertragungssystemen. Im Jahr 1935 fertigte er eine Fernsehtafel mit beeindruckenden Abmessungen von 4 × 5 Metern und 40.000 Bildpunkten an. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde sein Institut in Leipzig zerstört. Im Jahr 1944 heiratete er seine langjährige Mitarbeiterin Dr. Hilde Geest. Nach dem Krieg knüpfte er von seinem Heimatort Reihen aus Verbindungen nach Zürich, wohin er 1946 umzog, um als beratender Ingenieur bei einem Unternehmen tätig zu sein. Im Jahr 1955 nahm er eine Professur für angewandte Physik an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg an.

Dort widmete er sich vor allem Verfeinerungen bei der Messung der Lichtgeschwindigkeit und der Schwingquarzforschung. Nach dem Ende seiner Lehrtätigkeit im Jahr 1962 arbeitete er ab 1964 in seinem eigenen Laboratorium. Professor Dr. August Karolus verstarb im Alter von fast 80 Jahren am 1. August 1972 in Zürich an den Folgen eines Herzinfarkts. Sein Vermächtnis wird in seinem Heimatort Reihen durch die Karolussche Villa, die August-Karolus-Straße und das Prof.-Karolus-Stadion gewahrt. Zudem kommen die Erträge der im Jahr 1980 von seiner Witwe gestifteten August-Karolus-Stiftung Notdürftigen aus Reihen zugute.

 

Quellen [14.11.2023]

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/August_Karolus

[2] https://www.radiomuseum.org/forumdata/users/5100/Bildtelegraphie.pdf

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