Geschichte der Fernsehtechnik

„Fernsehen“ als ein Medium zur Verbreitung von Information und Unterhaltung an einen weiten Teilnehmerkreis gibt es weltweit seit etwa 50 Jahren. Die ersten Anfänge reichen in Deutschland sogar bis 1936 zurück, als anlässlich der Olympischen Sommerspiele in Berlin bereits Sportübertragungen im öffentlichen Fernsehen mit einer Auflösung des Bildes in 441 Zeilen stattfanden.

Deutschland, 1936: 441 Zeilen, 50 Halbbilder pro Sekunde

Kriegsbedingt stagnierte die Entwicklung in Europa, aber in den USA wurde schon 1940 von der CBS ein Farbfernsehsystem vorgestellt, bei dem die Farbzerlegung und Wiedergabe noch unter Zuhilfenahme von rotierenden Farbfilterscheiben für die mechanisch-optische Umschaltung der drei Farbkomponenten erfolgte. In Europa wurde 1950 von einem Expertengremium unter der Leitung des Schweizer Fernsehexperten WALTER GERBER eine Fernsehnorm mit 625 Zeilen und 50 Halbbildern pro Sekunde erarbeitet und 1952 vom CCIR (Comite Consultant International des Radiocommunications) als Standard offiziell angenommen.

Europa, 1952: 625 Zeilen, 50 Halbbilder pro Sekunde

Über einige Zeit konkurrierten damit noch der englische 405-Zeilen und der französische 819-Zeilen-Standard. All diesen Fernseh Standards, wie auch bereits beim ursprünglichen 441-Zeilen-Standard, ist das Zeilensprungverfahren gemeinsam. Die Rundfunkanstalten in der Bundesrepublik Deutschland starteten im Jahr 1952 mit der regulären Ausstrahlung von Schwarzweiß-Fernsehprogrammen nach der 625-Zeilen-Norm [1],
Nachdem in den USA Farbbildröhren verfügbar waren und das Farbfernsehsystem NTSC (National Television System Committee) zur Einführung kam, wurden auch in Deutschland Versuche mit der Übertragung von Farbfernsehsignalen unternommen, wobei neben dem NTSC-Verfahren auch das von WALTER BRUCH entwickelte PAL-Verfahren als ein verbessertes, weil gegen Phasenfehler unempfindliches, NTSC-ähnliches System, und das von HENRI DE FRANCE vorgestellte SECAM-Verfahren getestet wurden. Objektive Vergleiche wiesen aber dem PAL-Verfahren die besten Eigenschaften zu.

 

Kapitel 1 Geschichte der Fernsehtechnik

So kam es in der Bundesrepublik Deutschland am 25. August 1967 zur offiziellen Einführung des Farbfernsehens mit dem PAL-Verfahren. Viele Länder der Erde, mit 625-Zeilen-Standard, entschieden sich im Folgenden für die Einführung des PAL-Farbfernsehsystems.

Deutschland (und weltweit), 1967: PAL-Farbfernsehsystem

Geringe Abweichungen einzelner Parameter oder auch unterschiedliche HF- Kanalbandbreiten (7 bzw. 8 MHz) beim 625-Zeilen-Standard sowie das in Nordamerika und Japan eingeführte NTSC-System mit 525-Zeilen-Standard und das SECAM-System wurden in den CCIR-Standard 624 aufgenommen.
Im Laufe der Zeit offenbarten sich dem kritischen Beobachter des nach dem PAL-Verfahren übertragenen Farbfernsehbildes auch hier wieder gewisse Schwächen des Systems, insbesondere durch Übersprecheffekte, bedingt durch das Frequenzmultiplex-Prinzip mit den verkämmten Spektren von Luminanz und Chrominanzsignal. Eine Abhilfe konnte durch so genannte Mehrzeilen-Laufzeit-Decoder beim PAL-Empfänger geschaffen werden, die aber wiederum andere Mängel mit sich brachten. Eine andere Möglichkeit bot sich in dem Übergang auf das Zeit-multiplex-Prinzip. Mit diesem ist eine Zeitkompression der zu übertragenden Signale, sinnvoller Weise nur mit digitaler Technik realisierbar, verbunden.
Anfang der 1980er-Jahre kam es zur Entwicklung eines analogen Zeitmultiplex systems mit dem Namen MAC (Multiplexed Analogue Components), das aber bereits bei der Aufbereitung des Studioausgangssignals und bei der empfängerseitigen Verarbeitung mit digitaler Schaltungstechnik verknüpft war. Gefordert wurde eine volle Kompatibilität in den verfügbaren HF-Übertragungskanälen, was weitgehend erfüllt werden konnte. Darüber hinaus konnte kompatibel auf das 16:9-Breitbildformat umgeschaltet werden und ein abwärtskompatibler HDTV-Fernseh-Standard HD-MAC war, zumindest bedingt, möglich.

Europa, 1983: beabsichtigte und in Probephase bereits realisierte Einführung des MAC-Verfahrens

Die Investitionen auf der Studioseite und insbesondere beim Fernsehteilnehmer, mit der Notwendigkeit von zunächst einem Zusatzgerät oder später einem auf das neue Verfahren ausgelegten Fernsehempfänger, waren jedoch zu hoch, so dass das MAC-bzw. HD-MAC-Verfahren vom Fernsehteilnehmer nicht angenommen wurde und damit, trotz deutsch-französischer Regierungsvereinbarung, nicht zur tatsächlichen Einführung kam.
Indirekt profitiert hat von dieser Entwicklung eine verbesserte Variante des PAL-Verfahrens mit Unterdrückung der Cross-Störungen und damit voller Ausnutzbarkeit der 5-MHz-Videobandbreite, das mit PAL kompatible Color-Plus-Verfahren. In Verbindung mit der kompatiblen 16:9-Breitbildübertragung ist dieses im PALplus- System integriert. Das PAL-plus-System kommt in Deutschland bei den öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten weitestgehend zum Einsatz und wird neben dem Standard-PAL-System bis zum Auslaufen der PAL-Ära eingeführt bleiben.

Deutschland, 1991: Einführung des PAL-plus-Systems

Im Studiobereich vollzog sich bereits ab Mitte der 1980er-Jahre eine allmähliche Umstellung auf die digitale Komponententechnik. Voraussetzung war die Definition eines digitalen Studio-Standards, der im Jahr 1981 vom CCIR mit der Rec. 601 und Rec. 656 festgelegt wurde und nun weltweite Gültigkeit durch Anpassung an das 525-Zeilen-System mit 60 Hz und an das 625-Zeilen-System mit 50 Hz erlangte. Das frühere CCIR (Comite Consultatif International des Radio communications) ist seit Dezember 1992 durch Neuorganisation in die Internationale Fernmeldeunion ITU (International Telecommunication Union), Section Radio (ITU-R) übergegangen.

Weltweit, 1981: Digitaler Studio-Standard

Ursprünglich war 8-bit-Codierung mit einer Brutto-Datenrate von 216 Mbit/s vorgesehen. Aus den Erfahrungen im Studiobereich ergab sich die Notwendigkeit, auf eine 10-bit-Codierung mit der Brutto-Datenrate von 270 Mbit/s überzugehen. Sowohl schon bei der „Contribution“ auf den Verbindungs- und Zubringerleitungen zwischen den TV-Studios und den Senderstandorten als auch bei der „Distribution“ zum Fernsehteilnehmer hin, war eine Reduktion der zu übertragenden Datenrate erforderlich, natürlich mit der Vorgabe, dass damit keine wahrnehmbare Qualitätsverminderung verbunden ist.
Auch zur Speicherung von digitalen Fernsehsignalen im Studio bis hin zum Consumer-Bereich war eine Datenreduktion notwendig. Angestrebt wurde nun wieder ein weltweiter Standard für datenreduzierte Video- und Audiosignale. Dazu wurde eine Expertengruppe beauftragt, die bereits vorangehend eine Empfehlung für die Codierung bei der Festbildübertragung erarbeitet hat, bekannt unter dem Namen JPEG (Joint Pictures Expert Group). Die Ausweitung auf Bewegtbilder und Begleitton führte zu dem Ergebnis des MPEG-1-Standards (Moving Pictures Expert Group) für Multimedia-Anwendungen und Speicherung auf einer Compact Disc (CD) mit einer Datenrate von maximal 1,5 Mbit/s.

Weltweit, 1993: MPEG-1 -Standard für Multimedia

Basierend auf reduzierter Rasterauflösung mit 352 x 288 Pixel für Luminanz und einer geringeren Farbauflösung, mit progressiver Abtastung und einer Bildwiederholfrequenz bis 30 Hz war dieser Standard jedoch nicht für eine Anwendung beim Fernsehen geeignet, obwohl mit modifizierten Versionen 1994 die ersten Satellitenübertragungen mit dem DSS-Standard in den USA abgewickelt wurden.

Weltweit, 1994: MPEG-2-Standard für Rundfunk-Fernsehen

Erst mit dem MPEG-2-Standard kam der Durchbruch zum digitalen Rundfunk- Fernsehen. Volle Bildauflösung übernommen vom digitalen Studio-Standard mit 720 x 576 Pixel für Luminanz und 360 x 576 Pixel für Chrominanz sowie die Möglichkeit, neben der progressiven Abtastung auch mit dem Zeilensprungverfahren zu arbeiten, wurden als Vorgaben erfüllt. Abhängig von der Zeilenzahl und Chrominanzauflösung, bei MPEG-2 nun ausgedrückt durch die „Levels“ und „Profiles“, wurden Obergrenzen für die Datenrate des komprimierten Videosignals zwischen 4 Mbit/s für reduzierte Auflösung, über 20 Mbit/s für Standard-TV bis zu 100 Mbit/s bei hochauflösendem Fernsehen HDTV, festgelegt. Mit effektiven Datenkompressionsverfahren wird praktisch nur etwa ein Viertel dieser Werte oder weniger benötigt. Damit waren die Voraussetzungen geschaffen, um digitale Fernsehsignale mit geeigneten Modulationsverfahren über die gegebenen TV-Verteilkanäle dem Fernsehteilnehmer zuzuführen.
Ein gewisser Wettlauf entstand zwischen den USA, wo man sich schon früher als in Europa für die Entwicklung eines digitalen Fernsehsystems sogar mit der Vorgabe von HDTV entschieden hatte, und der Entwicklung in Europa, wo nach Expertengesprächen innerhalb der European Launching Group im September 1993 das europäische DVB-Projekt gestartet wurde. Die vom Technical Module des DVB-Projektes als erstes verabschiedete Systemspezifikation für den Satellitenkanal wurde im November 1994 vom europäischen Normungsinstitut ETSI zum European Telecommunication Standard ETS 300 421 (DVB-S) erklärt. Es folgte die Spezifikation für DVB-Kabelübertragung (DVB-C) und später für Digitales Terrestrisches Fernsehen (DVB-T) mit Ausstrahlung in Gleichwellennetzen.

Europa, 1995: DVB-Standard für Satelliten-, Kabel- und terrestrischen Funkkanal

In Europa startete 1996 das digitale Fernsehen über Satellitenkanäle. Neu ist, dass nun über einen Transponderkanal gleichzeitig bis zu zehn Standard-TV-Programme übertragen werden, im Gegensatz zu nur einem durch Frequenzmodulation übertragenen Programmsignal bei analogem Fernsehen. Ein solches „Bouquet“ aus mehreren Programmen kann im Allgemeinen auch über einen Kabel-TV-Kanal dem Fernsehteilnehmer zugeführt werden.
Das Digitale Terrestrische Fernsehen wurde in Europa bereits 1998 in England flächendeckend eingeführt. In Deutschland erfolgte nach einer Testphase in Berlin-Potsdam in den Jahren 2002 und 2003 mit simultaner Ausstrahlung ab der zweiten Jahreshälfte 2003 die abrupte Umstellung von analogem auf digitales terrestrisches Fernsehen unter dem Slogan

„DVB-T: Das ÜberallFernsehen“

inselweise in Ballungsräumen, mit Start in Berlin und Potsdam und bis Ende 2005 über das Bundesgebiet verstreut, mit weit reichenden Abdeckungen des Versorgungsgebiets.

Laut Beschluss der deutschen Bundesregierung vom 24. August 1998 soll bis zum Jahr 2010 in Deutschland der Hör- und Fernseh-Rundfunk von der analogen auf digitale Technik umgestellt werden. Analoge TV-Übertragungen über terrestrische Sendernetze werden dann eingestellt. Zur Jahresmitte 2000 waren in Deutschland nur etwa 5 % der Haushalte zum Empfang von digitalem Fernsehen, über Satellit oder Kabel, eingerichtet [3]. Zwischenzeitlich dürfte dieser Wert aber durch die weitgehende Einführung des digitalen terrestrischen Fernsehens in den Ballungsgebieten bei über 20 % liegen.
Die weitere Entwicklung wird geprägt sein durch das hochauflösende Fernsehen HDTV. Während in den USA und Japan sowie in Australien bereits seit einigen Jahren in verschiedenen Kanälen HDTV-Programme ausgestrahlt werden, verläuft die HDTV-Einführung in Europa noch etwas zurückhaltend, was mit dem geringen Interesse seitens der Fernsehzuschauer verbunden ist. Durch das immer breitere Angebot an Flachbild-Displays mit Bildschirmdiagonalen bis zu 120 cm und mehr zeichnet sich jedoch die Notwendigkeit einer höheren Zeilenauflösung, mindestens 720 oder 1080 aktive Zeilen, und ein Übergang auf progressive Bildabtastung ab. Die dadurch bedingten höheren Quellen-Datenraten sollen durch verbesserte Codierungsverfahren (MPEG-4 mit H.264-Codierung) und durch effektivere Übertragungsverfahren (DVB-S 2 im Satellitenkanal) beherrscht werden.

HDTV-Programm-Angebot über ASTRA-Satelliten-Transponder

Seit Mitte des Jahres 2006 gibt es über Satellitenkanäle die Möglichkeit HDTV-Programme frei oder in bestimmten Themengruppen (Film, Sport o.a.) über Extragebühren von einigen Anbietern zu empfangen. Premiere HD Film und HD Sport werden künftig auch im Kabelnetz von Kabel Deutschland (KDG) verteilt. Ein nächster Schritt in der Verbreitung von Fernsehprogrammen geht zum Mobilen Empfang von Fernsehen über „Handheld Terminals“.

Es handelt sich dabei um batteriebetriebene Geräte mit kleinem Bildschirm oder entsprechend eingerichtete Mobilfunkgeräte. Damit verbunden sind auch die Übertragungsstandards, die einerseits an die rundfunkmäßige Verteilung der Programme gekoppelt sind und mit dem System DVB-H über das terrestrische digitale Fernsehen oder mit dem System DMB über Digital Audio Broadcasting (DAB) beim digitalen Hörfunk oder andererseits die UMTS-Mobilfunknetze benutzen. Davon abhängig ist auch das Programmangebot, das aus dem herkömmlichen Fernsehangebot entnommen sein kann oder spezielle, eigens aufbereitete Informationen beinhaltet.

 

 

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