Pionier der Fernsehtechik: Walter Bruch 

Geboren am 2. März 1908 in Neustadt an der Weinstraße; † 5. Mai 1990 in Hannover war ein deutscher Elektrotechniker und Pionier des deutschen Fernsehens. Er entwickelte das PAL-Farbfernsehsystem.

Bruchs Familie zog kurz nach seiner Geburt mit ihm nach Pirmasens, woher seine Familie ursprünglich stammte. Bruch ging in Pirmasens und München zur Schule. Auf Wunsch seines Vaters besuchte er eine kaufmännische Schule, absolvierte aber dann eine Maschinenschlosserlehre in einer Schuhfabrik. Zusätzlich absolvierte er Volontariate bei den Pfalzwerken in Ludwigshafen und in der Pirmasenser Maschinenfabrik Schön & Cie. Ab 1928 besuchte er das Technikum Mittweida in Sachsen. Danach war er Gasthörer an der Universität in Berlin, an der er Manfred von Ardenne und Dénes von Mihály kennenlernte.

Von Beginn der 1930er Jahre an war Walter Bruch an der Entwicklung der Fernsehtechnik beteiligt: 1933 präsentierte er einen „Volksfernsehempfänger“ mit einem selbstgebauten Filmabtaster. Er erhielt 1935 eine Stelle in Berlin als Techniker bei Telefunken, wo Emil Mechau eine spezielle Fernsehkamera für die Olympischen Spiele 1936 entwickelte. Als Kameramann bediente er während der Spiele die Neuentwicklung, die als sogenannte   „Olympiakanone“  Geschichte schrieb. Im Zweiten Weltkrieg betreute er in der Heeresversuchsanstalt Peenemünde auf dem Prüfstand VII die weltweit erste industrielle Fernsehanlage zur Überwachung der V2-Starts. Nach Kriegsende war er in der ehemaligen Röhrenfabrik Oberspree (RFO, heutiger Behrensbau) der AEG im Labor, Konstruktionsbüro und Versuchswerk Oberspree (LKVO) für die sowjetische Besatzungsmacht tätig und formulierte 1946 eine 625-Zeilen-Fernsehnorm. Bruch und seine beiden Telefunken-Kollegen Werner Nestel und Wilhelm Runge, die alle im Westteil Berlins wohnten, entgingen der Aktion Ossawakim. In den frühen Morgenstunden des 22. Oktober 1946 wurden 230 Mitarbeiter aus Forschung und Entwicklung mit ihren Familien in die Sowjetunion verschleppt und konnten erst fünf Jahre später zurückkehren.

1950 kehrte er zu Telefunken zurück und ging in die Entwicklungsabteilung für Fernsehempfänger in Hannover. Dort leitete Bruch das Grundlagenlabor für Empfängertechnik, in dem das am 31. Dezember 1962 zum Patent angemeldete PAL-Farbfernsehsystem entwickelt wurde. Am 3. Januar 1963 wurde das PAL-System von Bruch vor Experten der Europäischen Rundfunkunion (EBU) erstmals vorgeführt.

In der allerersten Ausgabe der beliebten Quiz- und Spielsendung Dalli Dalli im ZDF am 13. Mai 1971 war Walter Bruch anlässlich seiner Erfindung als Gast eingeladen und bildete zusammen mit dem ebenfalls sehr populären Professor Heinz Haber ein Rateteam. Bei der Begrüßung wurde Bruch vom Moderator Hans Rosenthal unter Verweis auf den Erfinder Felix Wankel und den nach ihm benannten Wankelmotor unter anderem gefragt, warum er denn nun sein System ausgerechnet „PAL-System“ genannt habe. Daraufhin antwortete der gutaufgelegte Bruch unter heiterem Applaus und Gelächter des Publikums mit der fröhlichen Gegenfrage „Na, was denken Sie, wenn ich's Bruch-System genannt hätte?“.

Diese humorvolle Antwort hatte allerdings einen durchaus sehr ernsten Hintergrund, denn damals fand ein knallharter politischer und wirtschaftlicher Konkurrenzkampf zwischen dem französischen SECAM-System und dem deutschen PAL-System statt, der bis in die höchsten wirtschaftlichen und politischen Ebenen reichte. Als „Mister PAL“ reiste Walter Bruch jahrelang in verschiedene Länder, um das System zu präsentieren.

Er erhielt 1964 die Ehrendoktorwürde der Technischen Hochschule Hannover. Das unter seiner Regie entwickelte analoge PAL-System wurde am 25. August 1967 auf der 25. Großen Deutschen Funk-Ausstellung für die Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin offiziell eingeführt und zu einem weltweit verbreiteten Farbfernsehsystem.

Walter Bruch war Mitglied der Fernseh- und Kinotechnischen Gesellschaft. 1974 ging er in den Ruhestand, beteiligte sich aber weiterhin in verschiedenen Normungsgremien. Bruch starb 1990, das Familiengrab befindet sich auf dem Stadtfriedhof Engesohde in Hannover.

Die nicht weit von dem früheren Telefunken-Grundlagenlabor im Gebäude Vahrenwalder Straße 215 liegende Walter-Bruch-Straße im hannoverschen Stadtteil Brink-Hafen wurde 2002 nach dem Erfinder benannt. Das Haus 3 der Hochschule Mittweida trägt den Namen Walter-Bruch-Bau.

 

Prof. Dr. Walter Bruch: Der Erfinder der PAL Farbfernsehtechnik

Die Welt wird von der Technik in Atem gehalten. Mittler dazu ist das Fernsehen. Die Landung auf dem Mond, faszinierendes Wunder der Technik, über das Fernsehen von 600 Millionen Menschen miterlebt, wurde auch zu einem Höhepunkt in der Entwicklungsgeschichte des Fernsehens. Deutlich zeigte sich, daß das Fernsehen, das uns Techniker gebracht haben, als besonders markante Ausdrucksform unserer Zeit heute eine Bedeutung hat, die weit über den Bereich der Technik hinausgeht.

 

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Autogramm von Prof. Dr. Walter Bruch mit Original Unterschrift

 

Vor allem innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte hat das Fernsehen einen immer größeren Einfluß auf unser geistiges, politisches und soziales Leben gewonnen. In diesem Sinne ist diese Dokumentation auch nicht in erster Linie ein technisches Buch. Vielmehr ging es mir um eine umfassende Darstellung des Hintergrundes, vor dem das Phänomen »Fernsehen« erst verständlich werden kann: Von den ersten Höhlenzeichnungen über die verschiedensten Ausdrucksformen der bildenden Kunst, die Fotografie und schließlich das bewegte Filmbild führte ein Weg, der — stets von technischen Überlegungen und Entwicklungen vorgezeichnet — gleichsam zwangsläufig zum Fernsehen führte. Dieser im ersten Moment vielleicht überraschend anmutende historische Zusammenhang wird in diesem Buch gezeigt werden. Damit ist ein weiter Bogen gespannt. Abenteuerlich, wie ein Roman, bot sich mir bei der Niederschrift die Geschichte des Fernsehens dar. Nicht alle Figuren dieses Romans, nicht alle Pioniere, denen das Fernsehen sein Werden verdankt, konnten in diesem Buch erwähnt werden. So bunt und so vielseitig präsentiert sich die Geschichte des Fernsehens, daß sich die Zahl ihrer Akteure kaum überschauen läßt. Wie auf vielen Gebieten der Technik, sind auch beim Fernsehen oft gleiche Ideen an mehreren Stellen geboren worden. Manchmal war ein Gedanke — auf Papier niedergelegt und zunächst nicht mehr weiter verfolgt — erst Jahre später ungeheuer fruchtbar. Andere Forscher widmeten einen ganzen Lebensabschnitt der Erforschung eines Prinzips, ohne daß sie einen praktischen Erfolg erzielen konnten, weil die Zeit dafür noch nicht reif war. So ergibt es sich, daß hier nur alle die Persönlichkeiten herausgestellt werden konnten, durch deren Forschungsarbeiten typische Entwicklungsstufen des Fernsehens markiert sind.

 

Telefunken 708T 900

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Dennoch kann ich jedem Leser versprechen, daß er in diesem Buch eine ungewöhnlich große Zahl von ebenso verschiedenartigen wie interessanten historischen Persönlichkeiten kennenlernen wird. Denn anders als heute, wo entscheidende technische Neuentwicklungen meistens nur noch in gemeinsamer Teamarbeit verwirklicht werden, haben früher einzelne, oft von ihren Ideen geradezu besessene Forscher und Erfinder die Technik vorangebracht.

In Europa hat die eigentliche Fernsehtechnik ihren Anfang genommen, von Pionieren in der ganzen Welt ist sie befruchtet worden. Damit ist die Geschichte des Fernsehens so international und weltweit, wie sich das Fernsehen heute auf Millionen von Bildschirmen durch seine Programme darstellt.

Werner von Siemens schrieb zur »elektrischen Technik«: »Ein glückliches Zusammentreffen war es, daß mein Leben gerade in die Zeit der schnellen Entwicklung der Naturwissenschaften fiel, und daß ich mich besonders der »elektrischen Technik» schon zuwandte, als sie noch ganz unentwickelt war und daher einen fruchtbaren Boden für Erfindungen und Verbesserungen bildete. «Ersetzt man die »elektrische Technik« durch die »Fernsehtechnik«, so kann ich die glückliche Fügung, die mich mit dem Fernsehen groß werden ließ, nicht besser als mit diesen Worten ausdrücken. Denn im weiteren Sinne durfte ich seit nunmehr vierzig fahren, hauptberuflich jedenfalls seit 1933, meinen Teil zur Entwicklung des Fernsehens beitragen.

 

Walter Bruch

Dr. Walter Bruch in seinem Laboratorium in Hannover bei Telefunken

 

Auch wenn ich dadurch oft Augenzeuge war, hoffe ich, trotz der unvermeidlich subjektiven Eingliederung von eigenen Erlebnissen, ein genügend objektives Bild gezeichnet zu haben. In der Geschichte der Technik mit ihren rasanten Fortschritten genügen sicherlich oft schon einige Jahre, um den erforderlichen kritischen Abstand zu gewinnen. Bei den Vorgängen, die noch ablaufen, die - wie etwa das Farbfernsehen - noch mitten in der Entwicklung stehen, konnte ich darüberhinaus über unmittelbare aktuelle und persönliche Erlebnisse berichten. So entstand dieses Buch aus Dank dafür, daß ich ein Leben lang an der Verwirklichung eines der Wunder unserer Zeit mitarbeiten durfte.

Dank sagen möchte ich allen, die mir den Weg zum Fernsehen geebnet haben, vor allem meinem ehemaligen Chef bei Telefunken, Professor Dr. Fritz Schröter.

 

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