Telefunken Fernsehempfänger E1

Entwickelt und vorgestellt im Jahr 1939, unter der Ägide des Nazi-Regimes in Deutschland, war der E1 nicht nur ein bedeutender Schritt in der technologischen Entwicklung des Fernsehens, sondern auch ein Instrument politischer Propaganda. Seine Konzeption und Einführung fielen in eine Zeit großer politischer und sozialer Umwälzungen und spiegeln die Ambitionen und Herausforderungen dieser Ära wider. Dieser Beitrag befasst sich mit verschiedenen Aspekten des E1 – von seiner spezifischen technischen Konstruktion, die ihn zu einem bemerkenswerten Gerät seiner Zeit machte, über den historischen Kontext seiner Entwicklung und Nutzung, bis hin zu den langfristigen Auswirkungen auf die Fernsehlandschaft in Deutschland und darüber hinaus. Der E1, ein Produkt seiner Zeit, diente nicht nur der technologischen Innovation, sondern war auch tief in der repressiven und kontrollierenden Medienpolitik des Nazi-Regimes verwurzelt, was ihn zu einem einzigartigen Studienobjekt in der Geschichte des Fernsehens macht.

 

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Telefunken Fernsehempfänger E1 [1]

 

Inhaltsverzeichnis:

1. Geschichte

2. Technische Daten

3. Historischer Kontext

 

1. Geschichte

Der "Deutscher Einheits-Fernseh-Empfänger E1", auch bekannt als der "Volksfernseher", repräsentiert ein signifikantes Kapitel in der Geschichte des Fernsehens, insbesondere im Kontext des Nazi-Deutschlands der späten 1930er Jahre. Die Entstehungsgeschichte des E1 spiegelt sowohl technologische Innovationen als auch die politisch motivierten Ambitionen dieser Ära wider. Die Einführung des E1 im August 1939, präsentiert auf der 16. Großen Deutschen Funk- und Fernseh-Ausstellung, markierte einen Wendepunkt in der Verbreitung von Fernsehtechnologien in Deutschland. Dieses Gerät wurde als Teil eines größeren Anliegens entwickelt, um Fernsehtechnologie für breitere Bevölkerungsschichten zugänglich zu machen. Hergestellt unter der Leitung der Deutschen Reichspost, in Zusammenarbeit mit führenden deutschen Fernsehfirmen, demonstriert der E1 eine seltene Synthese von staatlicher Initiative und privater Industrie.

Technisch gesehen war der E1 ein Meilenstein. Mit einer Bildauflösung von 441 Zeilen und einer Bildwechselfrequenz von 25 Hz (entspricht 50 Halbbildern pro Sekunde im Zeilensprungverfahren) stellte der E1 einen Fortschritt gegenüber früheren Fernsehmodellen dar, erreichte jedoch noch nicht die Qualität des Nachkriegsfernsehens mit 625 Zeilen (Gerber-Norm)​​. Ein markantes Merkmal des E1 war die Verwendung der weltweit ersten Rechteckbildröhre von Telefunken, die eine kompaktere Bauweise und ein schärferes Bild ermöglichte​​. Diese technischen Neuerungen waren signifikant für die damalige Zeit und legten den Grundstein für spätere Entwicklungen im Bereich der Fernsehtechnologie. Neben den technischen Aspekten ist die Rolle des E1 in der NS-Propagandamaschinerie nicht zu übersehen. Der E1 war nur auf eine feste Empfangsfrequenz eingestellt und konnte daher nur ein Programm ausstrahlen, was mit den Zielen der NS-Propaganda übereinstimmte, nämlich eine gleichgeschaltete Öffentlichkeit zu schaffen. Die Beschränkung auf einen Kanal war nicht nur eine technische Maßnahme zur Kosteneinsparung, sondern auch ein Mittel zur Kontrolle der verfügbaren Informationen und zur Verbreitung von Propaganda. Die Parallelen zum früheren "Volksempfänger" für Radio sind unübersehbar und spiegeln die Absicht wider, ein Medium zu schaffen, das die Bevölkerung auf eine einzige, staatlich kontrollierte Informationsquelle ausrichtet​​.

 

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Deutscher Einheits-Fernseh-Empfänger E1 Werbung [2]

 

Der Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 hatte weitreichende Auswirkungen auf die Produktion und Verteilung des E1. Trotz der ursprünglichen Bestellung von 10.000 Geräten konnten aufgrund des Kriegsausbruchs und der daraus resultierenden Einschränkungen für die Zivilwirtschaft lediglich etwa 50 Prototypen des E1 fertiggestellt und verteilt werden. Diese wurden hauptsächlich auf Lazarette und verschiedene Dienststellen verteilt. Der geplante Massenvertrieb des E1, der als kostengünstige Alternative zu bestehenden, teureren Modellen gedacht war, kam somit nie zustande​​.

Die Einführung des E1 fiel in eine Zeit, in der das Fernsehen noch in den Kinderschuhen steckte und sich technologisch rasant entwickelte. Vor dem E1 gab es bereits Modelle wie den FE V mit 375 Zeilen, die auf der Weltausstellung 1937 präsentiert wurden, und den FE VI, der bis zum Kriegsbeginn gebaut wurde. Der E1 selbst wurde als technologisch fortschrittlich und kompakt beworben, wobei der „heimfreundliche“ Betrachtungsabstand von 1,7 bis 2,0 Metern als besonders vorteilhaft hervorgehoben wurde. Der Kaufpreis von 650 Reichsmark machte den E1 deutlich erschwinglicher als seine Vorgängermodelle, was auf eine Strategie hindeutet, das Fernsehen einer breiteren Bevölkerungsschicht zugänglich zu machen. Dies war jedoch eine Entwicklung, die durch den Ausbruch des Krieges abrupt unterbrochen wurde​​.

In den Kriegsjahren konzentrierte sich die deutsche Forschung und Entwicklung im Bereich Fernsehen fast ausschließlich auf militärische Anwendungen. Experimente erreichten Bildqualitäten von bis zu 1.029 Zeilen, was die technologischen Kapazitäten der Zeit weit übertraf und bereits Merkmale von High-Definition-Television (HDTV) aufwies. Diese technologischen Fortschritte blieben jedoch aufgrund des Kriegskontextes größtenteils experimentell und wurden nicht für zivile Zwecke genutzt​​. Nach dem Krieg wurde das Fernsehen in Deutschland, wie in vielen anderen Teilen Europas, neu strukturiert. Die verschiedenen Besatzungsmächte errichteten ihre eigenen Rundfunksysteme in ihren jeweiligen Zonen. Diese neuen Strukturen prägten die weitere Entwicklung des Fernsehens in Deutschland in der Nachkriegszeit​​.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der "Deutscher Einheits-Fernseh-Empfänger E1" ein faszinierendes Studienobjekt ist, das nicht nur technologische Innovationen verkörpert, sondern auch tief in den politischen und sozialen Kontext seiner Zeit eingebettet ist. Seine Geschichte beleuchtet die komplexen Wechselwirkungen zwischen Technologie, Politik und Gesellschaft im Vorfeld des Zweiten Weltkriegs und bietet damit wertvolle Einblicke in die Entwicklung des Mediums Fernsehen.

 

2. Technische Daten

Das zweite Kapitel, das sich den technischen Daten des "Deutschen Einheits-Fernseh-Empfängers E1" widmet, eröffnet eine faszinierende Perspektive auf die technologischen Errungenschaften und Herausforderungen der späten 1930er Jahre im Bereich des Fernsehens. Dieses Gerät, ein Produkt zielgerichteter und kreativer Zusammenarbeit führender deutscher Fernsehfirmen unter der Schirmherrschaft der Forschungsanstalt der Deutschen Reichspost, repräsentiert einen Meilenstein in der Geschichte der Fernsehtechnologie. Der E1, vorgestellt im Jahr 1939, war in seiner Bauweise und Funktionsweise repräsentativ für den Stand der Technik der damaligen Zeit. Zu seinen bemerkenswertesten technischen Merkmalen gehörte die Einhaltung der deutschen Fernsehnorm von 1938, die eine Bildauflösung von 441 Zeilen und eine Bildwechselfrequenz von 25 Hz vorschrieb, was 50 Halbbildern pro Sekunde im Zeilensprungverfahren entsprach​​. Diese Spezifikationen waren zwar fortschrittlich für die damalige Zeit, erreichten jedoch noch nicht die Qualität des Nachkriegsfernsehens mit der höheren Auflösung von 625 Zeilen gemäß der Gerber-Norm.

Ein charakteristisches Merkmal des E1 war seine Kompaktheit. Mit Gehäuseabmessungen von 65 cm in der Breite, 37 cm in der Höhe und 38 cm in der Tiefe war der E1 nicht größer als ein herkömmlicher Rundfunkempfänger dieser Zeit. Diese Größe machte ihn zu einem praktischen und raumfreundlichen Gerät für Haushalte. Die Bildgröße selbst betrug 19,5 cm mal 22,5 cm, mit einer Bilddiagonale von 29 cm. Dieser Bildschirm ermöglichte eine klare und präzise Darstellung des Fernsehbildes, eine signifikante Verbesserung gegenüber den damals üblichen gewölbten Bildschirmen, die häufig Verzerrungen verursachten​​.

 

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 Blockschaltbild des E1-Empfänger von Telefunken [1]

 

Interessanterweise war der E1 ausschließlich für den Empfang eines einzigen Fernsehkanals konzipiert, was sowohl eine technische als auch eine politische Entscheidung war. Die Fokussierung auf einen einzigen Kanal diente der Reduzierung der Produktionskosten und spiegelte auch die propagandistischen Absichten des Nazi-Regimes wider. Trotz dieser Beschränkung war der E1 für den Tonempfang flexibel gestaltet, da er während der Fernseh-Programmpausen normales Rundfunk-Programm empfangen konnte​​. Die Leistungsaufnahme des E1 war ein weiteres bemerkenswertes Merkmal. Während des Fernsehempfangs verbrauchte das Gerät etwa 185 Watt und reduzierte sich auf 60 Watt beim reinen Tonrundfunkempfang. Diese Werte verdeutlichen die damaligen Herausforderungen in Bezug auf Energieeffizienz und Leistungsanforderungen von elektronischen Geräten​​.

 

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Stahlröhren des Telefunken E1 [3]

 

Der E1 verfügte über eine Gesamtanzahl von 16 Röhren, darunter EF14, ECH11, EF11, EBF11, EL11, EZ11, ES111, RFG5, AZ11 und AZ12. Diese Röhren und ihre spezifischen Funktionen zeugen von der komplexen internen Struktur des Fernsehempfängers. Die Verwendung des Superhet-Prinzips (Überlagerungsempfänger) mit einer Zwischenfrequenz von 8400/5600 kHz war ein weiteres Zeichen für die fortschrittliche Technologie, die in diesem Gerät implementiert wurde. Die Wellenbänder beschränkten sich auf den FM-Broadcast-Band-Bereich, und die Versorgungsspannung war für Wechselstrom von 110 bis 240 Volt ausgelegt​​. 

 

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Telefunken E1-Chassis [1]

 

Abschließend ist festzustellen, dass der "Deutsche Einheits-Fernseh-Empfänger E1" aus technischer Sicht eine außergewöhnliche Leistung darstellte, die die Grenzen der damaligen Technologie in Bezug auf Bildqualität, Kompaktheit und Funktionalität erweiterte. Seine Konstruktion und sein Betrieb spiegeln die technischen Herausforderungen und Innovationen seiner Zeit wider, die trotz der begrenzten Verbreitung und des spezifischen politischen Kontextes einen bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung der Fernsehtechnologie hatten. Der E1 war nicht nur ein Produkt seiner Zeit, sondern auch ein Vorbote für zukünftige Entwicklungen im Bereich der Bildübertragung und des elektronischen Empfangs. Es ist erwähnenswert, dass der E1 in einer Zeit entstand, als das Medium Fernsehen noch in seinen Anfängen steckte. Die Tatsache, dass ein Gerät wie der E1 konzipiert und hergestellt wurde, zeigt das enorme Interesse und den Glauben an das Potenzial des Fernsehens als Massenmedium. Der E1 war ein Schritt in Richtung einer Zukunft, in der das Fernsehen zu einem zentralen Bestandteil des täglichen Lebens werden würde.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die technischen Daten des "Deutschen Einheits-Fernseh-Empfängers E1" nicht nur die technologischen Errungenschaften seiner Zeit widerspiegeln, sondern auch Einblick in die sozialen, kulturellen und politischen Dynamiken geben, die die Entwicklung der Fernsehtechnologie in den späten 1930er Jahren beeinflussten. Als ein technisches Wunderwerk seiner Zeit, das durch eine Kombination aus fortschrittlicher Ingenieurskunst und politischen Ambitionen entstand, bleibt der E1 ein faszinierendes Studienobjekt für diejenigen, die sich für die Geschichte der Medientechnologie und ihre Wechselwirkung mit der Gesellschaft interessieren.

 

3. Historischer Kontext

Im historischen Kontext des "Deutschen Einheits-Fernseh-Empfängers E1" müssen mehrere Faktoren berücksichtigt werden, um die volle Tragweite seiner Bedeutung zu verstehen. Dieses Gerät, eingeführt im Jahr 1939, war nicht nur ein technologisches Produkt, sondern auch ein Werkzeug der sozialen und politischen Maschinerie des Nazi-Regimes. Zunächst ist zu beachten, dass der E1 in einer Zeit entwickelt wurde, in der das Fernsehen in Deutschland noch in den Kinderschuhen steckte. Bereits um 1933 oder 1934 wurde ein 180-Zeilen-System entwickelt und um Berlin herum getestet. Dieses frühe System war technologisch noch nicht ausgereift, bot jedoch einen regelmäßigen Dienst mit einem Sendungsplan, der bis weit in den Krieg hinein andauerte. Die regelmäßige Fernsehausstrahlung in Deutschland begann am 22. März 1935 mit dem Deutschen Fernseh-Rundfunk und nutzte ein 180-Zeilen-System. Bis 1937 wurde dieses System schließlich auf 441 Zeilen erhöht, was eine bedeutende Verbesserung der Bildqualität bedeutete​​. 

 

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Ausschnitt über den E1

 

Der E1 wurde als Teil der deutschen Bemühungen entwickelt, ein öffentliches Fernsehsystem während der Olympischen Sommerspiele 1936 in Berlin zu präsentieren. Diese Aktivität war Teil eines "Wettlaufs um das Fernsehen", bei dem England, die USA und Deutschland alle danach strebten, als erste ein vollständig elektronisches Fernsehsystem einzuführen. Der E1 sollte das erste öffentlich verfügbare Fernsehgerät sein, das zu einem erschwinglichen Preis von 650 Reichsmark (etwa 170 US-Dollar) angeboten wurde. Allerdings wurden wie bereits erwähnt nur 50 E1-Fernseher tatsächlich hergestellt, und die geplanten Verkäufe kamen nie zustande, da das Nazi-Regime stattdessen Polen überfiel und damit den Zweiten Weltkrieg begann​​.

Nach dem Krieg und der Teilung Deutschlands entwickelten sich die Fernsehsysteme in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) und der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) unterschiedlich. In der BRD begann der reguläre Fernsehdienst im Jahr 1950, wobei die britischen Besatzungskräfte den NWDR autorisierten, Fernsehprogramme für die britische Zone zu planen und auszustrahlen. Dieser Dienst umfasste Nachrichten, Varieté-Shows, Filme und Fernsehspiele. In der DDR hingegen begann der reguläre Fernsehdienst offiziell am 3. März 1956, basierend auf dem sowjetischen Modell​​. Diese Entwicklungen im deutschen Fernsehen nach dem Krieg waren geprägt von einer Abkehr von der einheitlichen, propagandistischen Nutzung des Mediums unter dem Nazi-Regime hin zu einem vielfältigeren, regionalisierten Ansatz, der sowohl Unterhaltung als auch Bildung und Information bot. Der E1 bleibt somit ein wichtiges historisches Artefakt, das nicht nur die technologischen Fortschritte seiner Zeit verkörpert, sondern auch tief in den sozialen und politischen Umwälzungen dieser Ära verwurzelt ist.

 

Quellen [14. Januar 2024]

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Deutscher_Einheits-Fernseh-Empf%C3%A4nger_E_1

[2] https://www.radiomuseum.org/r/gemeinsch_einheits_fernsehempfaeng.html#

[3] https://www.earlytelevision.org/Etzold/e1-e.html

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