Vorwort zur 4. Auflage


„Schon digital - noch analog” werden heute Fernsehprogramme übertragen. Die vorangehende 3. Auflage des Buches „Fernsehtechnik” war eigentlich im wesentlichen auf die zukünftige Technik der digitalen Fernsehsignalverteilung orientiert. Manche Leser aber waren enttäuscht, dass dabei die Übertragungsverfahren für das analoge PAL-Signal nur kurz oder überhaupt nicht mehr behandelt wurden.
Der Abschnitt über das analoge Video-Quellensignal wurde deshalb, wie in vorangehenden Auflagen, durch Erläuterungen über den PAL-Coder und -Decoder sowie über das PALplus-System ergänzt. Im Weiteren wird die trägerfrequente Übertragung des analogen Bild- und Tonsignals im terrestrischen Funk- und Kabelkanal sowie im Satellitenkanal beschrieben. Derzeit ist davon auszugehen, dass die endgültige Abschaltung der noch analogen terrestrischen Fernsehsender in Deutschland spätestens im Jahr 2010 erfolgen wird. In den Kabelnetzen und über einige Satelliten-Transponder werden darüber hinaus sicher noch analoge Fernsehprogramme übertragen. Damit sei es gerechtfertigt, dass in dieser Auflage nochmals die analoge Fernsehsignalverteilung erscheint.
Die bevorstehenden technologischen Neuerungen bei der Fernsehprogrammverteilung werden mit der Einführung von hochauflösendem Fernsehen, HDTV, verbunden sein. Treibende Kraft ist dabei das immer breitere Angebot an großflächigen Flachbildschirmen mit LCD- oder Plasma-Display-Technik. Obwohl in Europa noch keine endgültigen Standards festgelegt sind, so kann doch, basierend auf „De facto”-Standards, von dem 1920 x 1080-HD-Format (1080 aktive Zeilen) mit Zeilensprung-Abtastung, aber wahrscheinlich auch von einem 1280 x 720-Format (720 aktive Zeilen) mit progressiver Abtastung ausgegangen werden. Dem hochauflösenden Fernsehen wurde deshalb beim digitalen Studiosignal mehr Bedeutung zugeordnet.

 

Rudolf Mäusl, Aschheim bei München, im August 2006

 
Die rasche Entwicklung der Digitaltechnik in Verbindung mit immer schnelleren Schaltkreisen blieb nicht ohne Einfluss auf die Fernsehtechnik. Sowohl im Studiobereich, bei der Bearbeitung von Programmsignalen, als auch bei der Signalverarbeitung im Fernsehempfänger kamen im Laufe der letzten Jahrzehnte zunächst inselweise, sukzessive aber immer mehr digitale Schaltungen und Systeme zum Einsatz. Diese erforderten in einem analogen Umfeld als Interface stets eine Analog-Digital- bzw. Digital-Analog-Wandlung.
Es war deshalb naheliegend, dass ein digitaler Standard für das Video-Studiosig- nal erarbeitet wurde, der im Jahr 1981 durch das CCIR (Commite Consultatif International des Radiocommunications) als Empfehlung 601 verabschiedet worden ist. Die hohen Anforderungen im Studio bedingten bald einen Übergang von der ursprünglich festgelegten 8-bit-Codierung auf eine 10-bit-Codierung, womit sich nun eine Datenrate von 270 Mbit/s für das aus den Komponenten zusammengesetzte digitale Multiplexsignal nach CCIR-Empfehlung 656 ergab.
Für den Programmaustausch und auf den Zubringer-Leitungen waren dazu breitbandige Übertragungssysteme notwendig, jedoch mit einer Datenrate, die von der bei den üblichen SDH- und ATM-Plierarchien abweicht. Es wurden Datenreduktionsverfahren für das Bild- und Tonsignal entwickelt, die ohne wahrnehmbaren oder wesentlichen Qualitätsverlust zu einer Datenrate führen, mit der es wiederum möglich ist, installierte SDH- oder ATM-Breitbandsysteme auf den Con- tributions-Strecken zu benutzen.
Mit einer weiteren Reduktion der Datenrate, die zunächst nur für Multimediazwecke gedacht und gemäß den Vorschlägen der Moving Pictures Expert Group in dem so genannten MPEG-1-Standard niedergeschrieben war, und mit der nachfolgenden Anpassung auf die Parameter und Vorgaben des Rundfunk-Fernsehsignals im MPEG-2-Standard eröffnete sich die Möglichkeit, digitale Video- und Audiosignale auch über herkömmliche Fernsehkanäle zu verteilen. Damit wurde das Startsignal für das „digitale Fernsehen“ bis zum Teilnehmer hin gegeben.
Als Verfasser dieses Buches schätze ich mich glücklich, dass ich mit der Entwicklung der Fernsehtechnik aufwachsen durfte. Durch meine langjährige Tätigkeit in der Lehre an der Hochschule und mit Industrieseminaren sowie engen Kontakten zu Entwicklungsstellen bei Industrie und beim Institut für Rundfunktechnik hat sich ein umfangreiches Wissen angesammelt. Dieses soll nun in der 3. Auflage der „Fernsehtechnik“ mit dem Untertitel „Vom Studiosignal zum DVB-Sendesig- nal“ niedergeschrieben und dem interessierten Leser nahe gebracht werden.
Der an Technikgeschichte interessierte Leser findet in einer kurzen Zusammenfassung die Entwicklung der Fernsehtechnik von den Anfängen bis zur nahezu zwangsläufigen Einführung des digitalen Fernsehens in den vergangenen Jahren.
Für Leser, die noch nicht oder nicht mehr mit den Grundlagen des analogen Fernsehens vertraut sind, werden in einem einführenden Abschnitt die wesentlichen Abläufe und Parameter des analogen Video-Quellensignals erläutert.
Der Schwerpunkt dieses Buches liegt aber beim „digitalen Fernsehen“. Nach der Aufbereitung des digitalen Studiosignals mit der schon eingangs angesprochenen Datenrate von 270 Mbit/s werden Verfahren zur wirksamen Datenreduktion beim Videosignal behandelt, die auf einer Redundanz- und Irrelevanzreduktion beim Quellensignal basieren. Dazu wird es erforderlich, das zeilengebundene Video- Quellensignal neu zu unterteilen, wobei bereits auf die von MPEG-2 vorgegebene Hierarchie im Datenstrom Bezug genommen wird. Die vom MPEG-2-Video- und auch -Audio-Coder gelieferten Daten werden in Paketen gebündelt und in die Syntax des MPEG-2-Systems eingebracht. Durch Multiplexen von Datenpaketen mit Video- und Audioanteilen entsteht der MPEG-2-Transportstrom. Dieser wird nach Einbringen von Fehlerschutzdaten dem Übertragungskanal zugeführt.
Nach einer Beschreibung der wichtigsten digitalen Modulationsverfahren wird im letzten Abschnitt auf die Übertragung des digitalen Fernsehsignals nach den DVB-Spezifikationen im Satellitenkanal (DVB-S), im Kabelverteilkanal (DVB-C) und im terrestrischen Funkkanal (DVB-T) eingegangen

 

 

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